Podersdorf am See Sonnenuntergang

Fototipps #5 – Die Magie der Langzeitbelichtung

Wer kennt sie nicht, die Bilder bei denen man sich fragt wie sie entstanden sind? Eine der Kategorien dafür ist mit Sicherheit die Langzeitbelichtung. Durch die Magie der Langzeitbelichtung lassen sich Bewegungen dynamisch darstellen, Wasser verschleiern oder Lichter einfangen, die mit dem menschlichen Auge so nicht zu sehen wären. Egal in welchem Genre du anschließend fotografieren willst, die Grundlagen für die Langzeitbelichtung sind immer gleich. Ich erkläre dir hier die wichtigsten Grundlagen und gebe dir hilfreiche Tipps, wie du die Langzeitbelichtung für dich am besten einsetzen kannst. 

Die Grundlagen der Langzeitbelichtung:

Von einer Langzeitbelichtung spricht man in der Regel, wenn die Belichtungszeit mindestens mehrere Sekunden lang ist. Nach oben gibt es kaum Grenzen d.h. Aufnahmen über mehrere Minuten, Stunden oder gar Tage sind möglich. 
Eine Belichtungsdauer von mehreren Sekunden werden mit verschiedenen Hilfsmitteln möglich:

Unerlässlich für die Langzeitbelichtung ist jedoch ein stabiles Stativ. Ohne dieses wirst du nicht weit kommen. Nur wenn deine Kamera stabil auf dem Stativ sitzt lassen sich Belichtungen über mehrere Sekunden verwacklungsfrei realisieren. In den seltensten Fällen hast du nämlich eine Auflagefläche genau an den Stellen und im richtigen Winkel wie du es gerne möchtest.
(Schaue gerne bei dem Beitrag über meine Fotoausrüstung vorbei. Dort wird alles nochmal genauer erklärt).

Canon RC Fernauslöser
Canon Fernauslöser
Kamera mit ND-Filter
Graufilter ND64
Kameraeinstellungen Canon
Kamera Einstellung: niedrige Iso, lange Verschlusszeit und geschlossene Blende

Bilder mit längerer Belichtungszeit in der Nacht sind mit wenigen Hilfsmittel umsetzbar. Mit einem Stativ und deiner Kamera bist du bereits startklar. Allerdings solltest du dir vorab im Klaren sein, welche Motive du fotografieren willst, damit du evtl. Wechselobjektive mitnehmen kannst. 
Hast du dann dein Wunschmotiv ausgesucht, müssen die richtigen Kameraeinstellungen getätigt werden. 

Kameraeinstellung:

Zunächst solltest du bei deiner Kamera auf den M-Modus (manueller Modus) umstellen, um die volle Kontrolle zu haben. Den ISO-Wert solltest du manuell auf 100 (50) stellen, um Bildrauschen zu verhindern. Die Blende reduzierst du auf z.B.10 oder kleiner. Abhängig vom Umgebungslicht und der Belichtungszeit muss das nochmal angepasst werden. Bei der Belichtungszeit ist entscheidend wie lange ihr aufnehmen wollt bzw. wieviel Licht vorhanden ist. Ein guter Wert für den Start liegt bei 2-6 s. Ist nicht so viel Licht vorhanden, musst du entweder die Zeit verlängern oder den Blendenwert vergrößern. 

Bildmotiv richtig auswählen:

Jetzt solltest du die Kamera auf dem Stativ platzieren und ausrichten. Ich empfehle im Live-View Modus den Bildausschnitt zu prüfen und später auch in diesem Modus auszulösen. (Bei DSLR’s kann dadurch eine Unschärfe durch die Bewegung des Spiegels verhindert werden). Entweder wechselt du zum Fokussieren zurück in den normalen Modus oder bleibst dafür auch in der Live-View. Bist du bereit zum aufnehmen des Fotos solltest du aber nicht direkt den Auslöser drücken, sonst läufst du Gefahr das Bild zu verwackeln. Im Idealfall hast du einen Fernauslöser, wenn nicht, stellst du einfach bei den Aufnahmemodi auf Selbstauslöser 10 Sekunden. Damit hat die Kamera genug Zeit sich einzupendeln und ein scharfes Bild zu erzeugen. 
Jetzt musst du das aufgenommene Bild kontrollieren, ob genug Licht vorhanden ist. Hast du wie im rechten Bild ein Gebäude, kannst du bequem Blende und Verschlusszeit anpassen. Kommen, wie im linken Bild Lichtspuren dazu, muss dein Timing noch zu den Einstellungen stimmen. Gerade der Verkehr lässt sich schlecht vorhersagen, daher solltest du genügend individuelle Bilder aufnehmen und ggf. später diese z.B. in Photoshop zusammenfügen.

Augsburg Königsplatz Langzeitbelichtung
EOS 70D | 16 mm | F16 | 13 s | ISO 100
Kälberhalle Augsburg
EOS 550D | 8 mm | F11 | 30 s | ISO 100

Mein Tipp zum Thema „Fahrspuren“: Willst du lediglich Autolichter als Fahrspuren aufnehmen, solltest du einen erhöhten Standpunkt wählen. Je nach Situation eignet sich aber auch ein extrem niedriger Standpunkt (Bodennähe) wie in meinem Beispiel. 

Im folgenden Anwendungsfall soll das Wasser bzw. der Wasserfall weichgezeichnet werden. Diesen Effekt erzielst du natürlich wieder mit der Langzeitbelichtung. 
Bei diesem Setting war es sogar möglich ohne einen Graufilter/ND-Filter zu fotografieren, da der Wasserfall im Schatten lag. Nichtsdestotrotz musste ich die Kamera auf ein Stativ stellen, um bei der längeren Belichtungszeit keine Verwacklung zu bekommen. 
Im linken Bild habe ich mit „normalen“ Einstellungen fotografiert wie es mir die Automatik vorgeben würde. Nach dem Platzieren der Kamera auf dem Stativ und der Auswahl des Bildausschnittes, reduzierte ich die Blende auf 10 und verlängerte die Zeit auf 1/3s. Für fließendes Gewässer bzw. Wasserfälle reicht so eine kurze Belichtungszeit schon aus um den Weichzeichnungseffekt wie im rechten Bild zu erzielen. Bei Seen oder am Meer wird das nicht ausreichend sein und du musst zusätzlich mit dem Graufilter arbeiten. 

Langzeitbelichtung Wasserfall
EOS 70D | 24mm | F4 | 1/125 s | ISO 100
Langzeitbelichtung Wasserfall Schweiz
EOS 70D | 35 mm | F10 | 1/3 s | ISO 100
Canon_R6_Body
Body Canon EOS R6
Canon_24-105rf
Canon RF 24-105 mm
Peak_Reisestativ
Fotostativ Peak Design
Fotorucksack Lowepro Flipside 400 AW II
Fotorucksack Lowepro 400 AW II
Externe Festplatte
Externe Festplatte

Du ahnst es sicherlich schon. Es wird wieder ein Stativ, eine kleine Blende und eine längere Verschlusszeit benötigt. In diesem Fall ist aber auch ein Grau- oder Neutraldichtefilter (ND-Filter)* notwendig. Der Begriff ist jetzt schön öfter gefallen und entscheidend bei vielen Langzeitbelichtungen.
Graufilter bzw. ND-Filter sind Synonyme und können beide verwendet werden. Es gibt sie in verschiedenen Dunkelheitsgraden. Manche Hersteller geben das in ND8, ND64 und ND1000 an. 

Das bezeichnet um wie viel länger ihr die Verschlusszeit einstellen könnt ohne ein helleres Bild zu erhalten. Die Filter gibt es einzeln oder im Set zu kaufen. Es gibt auch variable Filter, die sich über das Verdrehen zweier Filter einstellen lässt. 
Je nach Lichtbedingungen und gewünschter Belichtungszeit müsst ihr dann entscheiden, welchen der Filter ihr braucht. Ich verwende hauptsächlich ND64. Damit kann ich die meisten Situationen abdecken. Wichtig zu wissen ist, dass je nach Objektiv ein größerer oder kleinerer Durchmesser benötigt wird. Am besten entscheidest du dich für einen Filter, der eher auf kürzere Brennweiten passt z.B. wie bei mir auf das 24-105 mm Objektiv. 
In meinen beiden Beispielen seht ihr das Ergebnis einer Belichtungszeit von 4 s und 6 s. Je länger ihr belichtet, desto weißer und weichgezeichneter wird das Wasser. Natürlich kommt es auch stark auf den Wellengang an wie gut das Ganze funktioniert. 
Entscheidend bei derartigen Aufnahmen ist die Bildkomposition. Durch das Weichzeichnen des Wassers verschwindet die Struktur und Linienführung für unser Auge. D.h. ihr müsst ganz bewusst Linien bzw. Kontraste erzeugen. Das gelingt wie hier im linken Bild mit Steinen, die aus dem Wasser ragen, Stege oder Gegenständen.  

Langzeitbelichtung Meer Ostsee
EOS 70D | 17mm | F16 | 4 s | ISO 100
Irland Langzeitbelichtung Meer
EOS 70D | 17mm | F14 | 6 s | ISO 100

An den beliebten Plätzen ist auf der ganzen Welt immer einiges los und es scheint unmöglich ein Foto ohne Menschen zu bekommen. Nutzt auch hier die Langzeitbelichtung um vielleicht den ein oder anderen Besucher verschwinden oder zumindest verschwimmen zu lassen. Zudem sind dann keine bzw. weniger Gesichter zu sehen.
Als Nebeneffekt wirkt das Bild dadurch deutlich dynamischer und das hektische Treiben kann gut nachvollzogen werden. In diesem Fall war kein Filter nötig, da es in der Grand Central Station dunkel genug ist. Mit Filter hätte man aber noch deutlich länger belichten können. 

Gran Central Station Langzeitbelichtung
EOS 70D | 11mm | F20 | 1,6 s | ISO 200

Zum Schluss noch ein kurzer Exkurs in das Thema Lightpainting. Meine Erfahrung auf diesem Gebiet beschränkt sich auf ein paar wenige Male. Dennoch möchte ich meine Erfahrungen weitergeben. 
Grundsätzlich gelten dieselben Regeln wie bei den zuvor beschriebenen Langzeitbelichtungen. Allerdings wird es beim Lightpainting deutlich schwieriger, weil die das Umgebungslicht viel mehr Einfluss hat. Abhängig von der Dauer für die Schrift oder Lichtmalerei, je größer wird der Einfluss der Umgebung. 
Bist du wie ich in diesem Beispiel unter freien Himmel spielt das Mondlicht eine entscheidende Rolle. Auch wenn man denkt, dass der Mond nicht so hell ist, bei 76 Sekunden Belichtungsdauer kann das wenige Licht des Mondes trotzdem zum Problem werden. Für eine Belichtungsdauer von über 30 s musst du übrigens in den „Bulb“-Modus wechseln (entweder im Menü der Kamera oder am Wählrad). Damit kannst du die Belichtung beim ersten Auslösen starten und beim zweiten Betätigen wieder stoppen, egal wie lange das dauert (am besten mit dem Fernauslöser, um nicht zu verwackeln). 

Das Setting:

Zum Setting selbst stellst du zunächst deine Kamera auf dem Stativ auf und entscheidest dich für den Bildausschnitt. Wähle eine kleine Blende (nicht so wie ich :)) und fokussiert entweder auf einen Punkt oder auf unendlich. Dann gehe an den Punkt, an dem du starten willst. Für die Lichtmalerei benutze als Lichtquelle was du zur Verfügung habt. Am besten eignen sich Taschenlampen, optional mit transparentem Farbpapier. Es funktioniert aber auch mit dem Handytaschenlampe. 
Dann startest du per Fernauslöser die Belichtung und beginnst zu malen oder schreiben. Nicht vergessen: Bei Schriften musst du spiegelverkehrt schreiben ;-). Bist du fertig, löst du wieder aus und hoffst, dass alles im Kasten ist.
Wichtig: Ziehe dunkle/schwarze Kleidung an und vermeide reflektierende Teile, da man diese später auf dem Bild sieht. 

Der Kreativität sind also keine Grenzen gesetzt. Geht raus und probiert es einfach aus!

Marokko Sahara Lightpainting
EOS 70D | 17 mm | F2.8 | 76 s | ISO 160

Du siehst also bei der Langzeitbelichtung gibt es ein paar Grundregeln zu beachten. Hast du diese verstanden kannst du wirklich allerhand kreative und coole Bilder machen. Mach es wie ich, schnapp dir deine Ausrüstung und fang an mit der Langzeitbelichtung zu experimentieren. Fang zum Beispiel nachts an, dann brauchst du z.B. keine Filter. Je öfter du dich traust, desto leichter wird es dir später fallen schöne Bilder mit der Langzeitbelichtung zu fotografieren. 

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